Dienstag, 18. August 2009

Pariah - Social Outcasts (1997)

Noch vor der Blaxploitation-Reihe ein paar Worte zum relativ unbekannten Film "Pariah" aka "Social Outcasts", der nun mit über zehn Jahren Verspätung in Deutschland auf DVD erschienen ist. Den Film möchte ich nachdrücklich empfehlen, von der deutschen Erstveröffentlichung aber dringend abraten. Die Synchronisation habe ich gar nicht nicht erst begutachtet da anscheinend über 15 Minuten fehlen. Derartig verstümmelt macht die Veröffentlichung natürlich keinen Sinn...



Nachrichten aus der ideologischen Endzeit

Viele Filme haben sich daran versucht, einen Blick in die verblendete Weltanschauung eines Neonazis zu werfen oder aber die Mechanismen einschlägiger Organisationen zu untersuchen. Ironischerweise wurden fast alle diese Werke (als deren bekannteste Vertreter wohl „Romper Stomper“ und „American History X“ gelten dürfen und deshalb hier als exemplarische Beispiele heran gezogen werden) zu Kultfilmen in der rechtsradikalen Szene, deren Anhänger es immer wieder fertig bringen, jede noch so eindeutige Aussage ins Gegenteil und damit massiv falsch zu interpretieren. So ist die von Edward Norton gespielte Hauptfigur in „American History X“, Derek Vinyard, eine Ikone für viele Neo-Nazis, wenn auch eine fiktive. In erster Linie mag diese beständige Fehlinterpretation ihren Ursprung in der Tatsache finden, das die genannten Filme eine nüchterne Herangehensweise an die rassistische Ideologie wagen und dabei auch der Verführung und Faszination für anfällige Menschen Aufmerksamkeit schenken.

Dementsprechend bedienen sich beide Filme einer schillernden Hauptfigur – sowohl Derek Vinyard als auch Hando aus „Romper Stomper“ (gespielt von einem noch jungen und relativ unbekannten Russell Crowe) sind alles andere als tumbe Schläger. Beide sind gebildet, redegewandt und charismatische Führungspersönlichkeiten. Gleichwohl diese ambivalente Charakterzeichnung von Nöten ist, birgt sie eben auch die Gefahr der Anziehungskraft, der ein Zuschauer mit geringem Reflektionsvermögen nur allzu leicht erliegen kann. Das alles hat aber nur wenig mit „Pariah“ gemein, soll aber veranschaulichen, wie signifikant die Unterschiede in der Figuren- und Handlungskonstruktion sind. Randolph Kret verfolgt andere Ziele und begegnet dem Phänomen Rechtsradikalismus auf vollkommen andere Weise.



Zunächst einmal fehlt die angesprochene Hauptfigur, die den Verlockungen der Ideologie ein Gesicht gibt und diese mit geschickter Rhetorik vorträgt. Auch die Frage nach dem Ursachen interessiert Kret, der mit „Pariah“ seinen einzigen Film inszenierte, nicht einmal am Rande. Mitleidlos zeigt der Film seine Figuren als ausgestoßene Verlierer ohne Zukunft, die sich in einer endlosen Spirale aus Gewalt und Gegengewalt befinden. Daraus resultiert eine absolute Unmöglichkeit, das Gezeigte in irgendeiner Weise zu glorifizieren. Äußerlich wird daher fast auf jede Ästhetisierung verzichtet, der Look ist trist, trostlos und an wenig einladenden Originalschauplätzen sehr naturalistisch gefilmt – eine emotionale Distanzierung wird so unmöglich gemacht. Vordergründig geht es dabei um eine plakative Rachegeschichte.


Plot:Steve (Damon Jones) und seine afroamerikanische Freundin Sam (Elexa Williams) werden fortwährend belästigt und mit rassistischen Vorurteilen konfrontiert, sowohl auf Seiten der weißen als auch der schwarzen Leute. Nach einem gemeinsamen Abend wird das Paar in einer Tiefgarage von einer Gruppe brutaler Nazi-Skinheads überfallen. Sam wird mehrfach vergewaltigt während Steve zusehen muss – noch in der gleichen Nacht nimmt sich die traumatisierte und gedemütigte Frau in der Badewanne das Leben. Für Steve bricht eine Welt zusammen.

Sieben Monate später hat sich der verbitterte Steve einem Racheplan zugewendet und sich äußerlich in einen radikalen Nazi-Skin verwandelt, inklusive Glatze, szenetypischer Kleidung und einschlägiger Tätowierungen. So will sich Steve in die Gruppe integrieren, die den Tod seiner Freundin auf dem Gewissen hat und von innen heraus brutale Rache nehmen. Doch die Aufnahme in die Clique verläuft alles andere als reibungslos...

Was sich abgedroschen und plump anhört, entwickelt seinen Reiz gerade aus dem Verzicht, sich an analytisch komplexen Diskursen zu versuchen. So ist nur in den seltensten Fällen überhaupt die Rede von nationalsozialistischen Ideen – nur am Rande wird von „Reinheit der Rasse“ gefaselt, die Ideologie funktioniert ausschließlich als Katalysator für unbestimmten Hass. Die Wut auf Schwule, Afroamerikaner und Juden ist hier wenig bis gar nicht in einem gedanklichen Konzept verwurzelt. Um die Perspektivlosigkeit zu verdeutlichen beschwört „Pariah“ eine endzeitliche Atmosphäre herauf – nur schwer vorstellbar, das sich die Figuren dem urbanen Niemandsland entziehen können, in dem sie ihr leidenschaftsloses Dasein fristen.



Ständig kommt es zu Gewalt-Eskalationen zwischen den Nazi-Skins und einer verfeindeten Gang von jungen schwarzen Verlierern. Keiner scheint einer geregelten Arbeit nachzugehen, soziale Kontakte finden ausschließlich unter „den eigenen Leuten“ ab. Angst vor dem Gefängnis scheint niemand zu haben, hemmungslose Gewalt ist das einzige Mittel, mit dem der Krieg hier geführt wird. Als Sam vergewaltigt wird, ist es für Steve nicht einmal eine Möglichkeit, zur Polizei zu gehen – ebenso wenig für die Homosexuellen, die am Ende einen Überfall auf einen der ihrigen mit der gleichen archaischen Gewalt vergelten. Die Polizei scheint nur am Rande zu existieren, findet in der hier geschilderten Parallelwelt keinen Platz – auch diese Zuspitzung erinnert eher an „Mad Max“ als an eine Milieustudie.

Trotz der reduzierten visuellen Machart erlaubt sich Randolph Kret einige ausdrucksstarke Sinnbilder, die ebenfalls auf den eingeschränkten Blick auf die Welt hinweisen, den die Figuren mit ihrem schwarz/weiß-Denken geschaffen haben. So befinden sich am Fenster des Aufenthaltsraumes, in dem die Skins die meiste Zeit abhängen, Gitterstäbe, die sich als Schatten auch durch das gesamte Zimmer ziehen und sich direkt auf den Gesichtern und Körpern niederlassen. Deutlicher könnte Kret kaum sein: Die Skins befinden sich bereits in einem Gefängnis – ein Gefängnis, das ihnen jede Chance für die Zukunft raubt, soziale Isolation bedeutet und in dem grundsätzlich nur weiterer Hass anwachsen kann.

Einen Blick über den Tellerrand dieser Einbahnstraße wird nur am Rande erwähnt, bis auf Steve und Sam als glückliches Paar am Anfang und Sams bürgerliche Schwester (die mit der Handlung aber kaum zu tun hat) werden keine „normalen“ Leute gezeigt sondern ausnahmslos subkulturelle Zusammenschlüsse verschiedener Minderheiten. Neben den schwarzen Gangs und den Nazi-Skins sind dies eigentlich nur die Homosexuellen, von denen aber genauso wenig einzelne Charaktere beleuchtet werden wie auf Seiten der Afroamerikaner.



Da aber kein eigentliches Gedankengut besteht, das die Skinheads vereint existiert in deren Welt nur eine diffuse Idee davon, wen man zu hassen hat und wen eben nicht. Das Motiv der Ausgeschlossenheit aus der Gesellschaft wird ins Zentrum des Interesses gerückt, was schon der Titel verdeutlicht. Der Begriff „Pariah“ wird im indischen Kastensystem für die Außenseiter verwendet – nicht etwa die niederste Kaste, sondern Menschen, die sich außerhalb des Systems befinden, als „unberührbar“ gelten und wie der letzte Abschaum behandelt werden. In dieser Hinsicht macht der Film keine eindeutigen Aussagen und verurteilt jene Versager auch nicht, die er dem Zuschauer zeigt. Ob die geistig verwahrlosten Männer und Frauen Opfer äußerer Bedingungen waren oder ihren sozialen Abstieg selber verschuldet haben, wird nicht klar und ist auch nicht wichtig. „Pariah“ fragt nicht danach, wie die Menschen wurden wie sie sind und bietet auch keine Lösungsansätze an.

Die authentisch geschriebenen Dialoge gleichen der Vulgärsprache in „Menace II Society“, der einen ähnlichen urbanen Alptraum beschreibt. Auffällig ist der inflationäre Gebrauch von Schimpfwörtern, welche die kurz angebundenen Sätze regelrecht zusammenhalten. In jedem Wort und jeder begleitenden Geste schwingt Provokation, Aggression und Geltungsbedürfnis mit, ein konstruktives Gespräch wird im ganzen Film nicht geführt – auch nicht von Hauptfigur Steve, für die es nur Rache als Ausweg geben kann. Das diese Rache nicht zu einer Katharsis führt, keine versöhnliche „Gerechtigkeit“ herbei führt, unterstreicht nur den erbarmungslosen Charakter dieses düsteren und unbequemen Films.

09/10

Hier der ziemlich irreführende weil reißerische Trailer, der überhaupt nicht zum Grundton des Films passt:

5 Kommentare:

  1. Schöne Besprechung eines mir unbekannten Films. Hat mich neugierig gemacht, mal sehen ob ich den vielleicht mal in die Finger bekommen.

    PS: Vermag es angesichts des meiner Meinung nach völlig reißerisch-martialischen DVD-Covers des Film Wunder zu nehmen, wenn solche Filme oftmals (bewusst)falsch verstanden werden? Würde mich nicht wundern wenn Goebbels seiner Zeit von der Optik des Plakats schwer begeistert gewesen wäre. ;-)

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  2. Wie gesagt musst du aber die deutsche DVD meiden - als Import ist er aber manchmal billig zu haben. Die niederländische DVD ist in Ordnung, wenn auch qualitativ eher dürftig...

    Zum Cover: Das oben abgebildete ist mir neu, anscheinend exklusiv für die deutsche Veröffentlichung entworfen. Das ändert natürlich nichts an der Richtigkeit deiner Argumentation und auch das originale Cover ist bedenklich gestaltet. Damit hat der Film aber nichts zu tun, die Plakate werden ja von Dritten entworfen...

    Natürlich ist es kein Wunder wenn die Filme daher fehlinterpretiert werden aber kann man Kunstwerke vor ihrem Publikum schützen? Mir kommt es vor, als würde nahezu jeder Film, der eine Neonazi-Thematik hat, in entsprechenden Kreisen verehrt. Von allen mir bekannten Filmen fällt dies bei "Pariah" aber sicher am schwersten, da hier wirklich nichts zur Glorifizierung angeboten wird.

    Wer den Film aber geil findet, weil ständig das Wort Nigger fällt und die Charaktere tätowierte Schläger sind, dem ist einfach nicht zu helfen...

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  3. Ehm ganz im ernst der Film ist einfach scheiße so platte dialoge und so blaße Characktere hab ich schon lang nicht mehr gesehen


    wirklich ein erbärmlicher Film

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  4. Ehm ganz im Ernst: Schau lieber noch mal AMERICAN HISTORY X, der ist nicht so schwierig und übersteigt sicher nicht deinen Horizont... ;)

    Wirklich ein erbärmlicher Kommentar, der mal wieder Anhänger des Films zu Idioten machen will.

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  5. In dem film wird übertrieben aber mächtig ! Nazis sind gegen *nigger* wie in dem film genannte dunkelhäutige. Sie sind dagegen warum sollten Sie dann eine schwarze vergewaltigen?! Viele sehen nur die lügen über nazis.... DAS ist das erbärmliche...
    Und zur Info Nazis haben mit Drogen nix am Hut
    Denkt ma drüber nach

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